Ja, mein lieber Freund, ich habe es dir gesagt und wiederhole es: Ich liebe dich von Herzen. Du sagtest mir zwar das Gleiche, aber deinerseits ist´s nur Mutwillen: gleich nach dem ersten Genusse würdest du nicht mehr an mich denken. Ich fange an, die Menschen zu kennen. Ich will dir sagen, wie ich denke, pass auf: Ich will kein Ladenmädchen mehr, sondern meiner selbst ein wenig Meister sein und möchte daher jemand finden, der mich unterhielte. Wenn ich dich nicht liebte, wo würde ich dir Geld herauszulocken trachten; ich würde dir sagen, du solltest den Anfang machen, mir ein Zimmer zu mieten und es zu möblieren; allein da du mir sagtest, dass du nicht reich wärest, so kannst du mich zu dir nehmen. Es wird dich nicht mehr Miete, nicht mehr für deinen Tisch und das Übrige deines Haushalts kosten. Mein Unterhalt und mein Kopfputz sind der einzige Aufwand, und dafür gib mir monatlich hundert Livres, und damit soll alles getan sein. Wir können so beide glücklich leben, und du wirst dich nicht mehr über Weigerung beklagen. Wenn du mich liebst, so nimm diesen Vorschlag an; wenn du mich aber nicht liebst, so lass uns jedes sein Glück anderswo suchen.
Guten Tag, ich umarme dich herzlich.
Lancon
Marianne Lancon an Herrn Duval | 6. April 1761