Mein hochverehrter, lieber Herr, meinen Gruß zuvor! Mein Francesco! Warum gibst du dir solche Mühe, die gegen dich verdientermaßen erhobenen Beschuldigungen als falsch hinzustellen, warum entschuldigst du dich geliebtestes Herz, wegen der lauteren Wahrheit? Habe ich nicht die klarsten Beweise, und zwar nicht nur durch die Mitteilungen unseres Makedonen, sondern auch durch andere, dafür erhalten, daß du auf den Wegen treuloser Liebhaber wandelst? Wisse, mein liebes Herz, dies hat mich auf das tiefste verwundet. Du bist mein Herr und Gebieter, ich habe dir nichts zu befehlen, aber ich bitte Dich herzlich, speise mich nicht mit leeren Vertröstungen ab, und wenn unwandelbare Treue Erbarmen verdient, so verlaß mich nicht, denn du würdest nie eine finden, die dich so von Herzen liebt wie ich. Es könnte ja sein, daß sie mit jeder anderen Vollkommenheit ausgestattet ist, daß ihre Liebe aber der meinen gleichkommt, glaube ich nicht. Daher flehe ich dich an, mein einziger Trost, verlaß mich nicht; bewahre dir diese Krone und Palme; ich weiß, daß du nichts anderes begehrst, als geliebt zu werden. Nun, hier hast du mich, die ich dich liebe, und zwar ganz allein, mehr als tausend Frauen zusammengenommen. Dies tue ich, weil du in Wahrheit mein zweites Herz bist, damit du überzeugt bist, daß du von mir in alle Ewigkeit geliebt werden wirst; und was ich dir schon tausend- und tausendmal gesagt, bekräftige ich jetzt von neuem, daß es niemals einem anderen Manne gelingen soll, mein Herz auch nur für den tausendsten Bruchteil einer Stunde zu besitzen. Dir habe ich es geschenkt, und Dir bleibt es auf immer geweiht; daher mein süßer Paradiesapfel, kränke mich so wenig, wie du irgend kannst, und vergilt meine Liebe nicht durch Haß, meine Treue nicht durch Verrat, sondern bewahre dich mir unverbrüchlich. Ich will nicht mehr viele Worte machen, um dir nicht lästig zu fallen. Und obgleich ich weiß, daß dir von anderer Seite kein Fasten auferlegt ist, empfehle ich mich deiner Güte. Lebe wohl.
Alessandra aus Florenz an Francesco del Nero